Verzeichnung
Definition
Als Verzeichnung (auch optische Verzerrung genannt) bezeichnet man in der Optik eine Art der Abbildungsfehler. Ideale optische Systeme bilden z. B. ein Quadrat exakt wie ein Quadrat ab. Da aber solche ideale Systeme in der Regel nicht existent sind, unterscheidet man folgenden Abweichungen vom Ideal:
- kissenförmige Verzeichnung
- tonnenförmige Verzeichnung
- wellenförmige Verzeichnung
Insbesondere bei Architekturaufnahmen tritt dieser Abbildungsfehler sehr deutlich auf.
Kissenförmige Verzeichnung
Hierbei werden Linien (z. B. die obere Linie des o. a. Quadrats) nach innen hin gebogen, d. h. gerade Linien am oberen Bildrand werden in der Mitte mehr nach unten gebogen als am Bildrand - dies nennt man dann kissenförmige Verzeichnung.
Tonnenförmige Verzeichnung
Im Gegensatz dazu werden bei der tonnenförmigen Verzeichnung Linien (z. B. die obere Linie des o. a. Quadrats) nach außen hin gebogen, d. h. gerade Linien am oberen Bildrand werden in der Mitte mehr nach oben gebogen als am Bildrand.
Wellenförmige Verzeichnung
Insbesondere bei viellinsigen optische Systemen - wie z. B. Weitwinkelobjektive nach dem Retrofokus-Objektivmodell, Zoomobjektiven oder hochlichtstarken optischen Systemen - kommt es zu einer Kombination der kissen- und tonnenförmigen Verzeichnung, die (je nach Minimierung) mehr oder wenig störend ist.
Hierzu verweise ich auf den Artikel "Das 19mm-Leitz Elmarit an der Canon EOS 5D" von Marco Cavina, der dies anschaulich darstellt.
Korrekturmöglichkeiten
Externe Korrektur durch Bildbearbeitungsprogramme (Software)
Viele Bildbearbeitungsprogramme bieten - teilweise automatisierte - Funktionen an, mit denen Abbildungsfehler korrigiert werden können. Z.B. bietet das Programm DXO Optics Pro objektivspezifische Korrekturprofile für sehr sehr viele Objektive an, die die bekannten Abbildungsfehler im Programm korrigieren.
Interne Korrektur durch Korrekturprofile in der Kamera
Bei vielen neuzeitlichen Kamerasystemen (wie z.B. beim mFT-System) ist die automatische Korrektur (u.a. der Verzeichnung) Bestandteil des optischen Designs. Dies kann aber zu einer (deutlich) verminderter Auflösung in den korrigierten Bereichen führen. So ist z.B. das Zuiko Digital ED 7-14mm, F4.0 (für das FT-System) bereits - hinsichtlich der Abbildungsfehler - hervorragend korrigiert, beim M.ZUIKO DIGITAL ED 7-14mm 1:2.8 PRO (für das mFT-System) ist dagegen die Korrektur (durch hinterlegte Profile) schon im Optik-Design berücksichtigt worden. Eine nachträgliche Korrektur ist deshalb nicht mehr notwendig.
Zitate
Hierzu Zitate von Jost J. Marchesi aus dem Buch "Canon Fotoschule", Verlag Photographie, Schaffhausen 1983:
- "Von Verzeichnung spricht man, wenn ein Gegenstand nicht über das gesamte Bildfeld geometrisch gleich, sondern an den Bildrändern verzogen wiedergegeben wird. Ein einfaches optisches System weist nicht über das gesamte Bildfeld denselben Abbildungsmaßstab auf. Die dadurch entstehende Verzeichnung ist durch sphärische Aberration zusammen mit der Anordnung der Blende bedingt.
Die Blende spielt in der fotografischen Abbildung eine große Rolle, sind doch die einzelnen, das Bild aufbauenden Punkte nichts anderes als kleine Bilder der Blende.
Steht die Blende vor dem Objektiv, entsteht eine tonnenförmige Verzeichnung. Steht sie hingegen hinter dem Objektiv, ist das Bild kissenförmig verzeichnet."
Ein Zitat aus der Canon-Broschüre "EF LENS WORK III":
- "Eine der Eigenschaften einer idealen Linse ist, dass sich das Bild des Objekts und das von der Linse erzeugte Bild gleichen. Unter Verzeichnung versteht man eine Abweichung von diesem Ideal, bei der gerade Linien mit einer Krümmung erscheinen. Wenn die Form in Richtung des diagonalen Blickwinkels verlängert wird (+), nennt man dies kissenförmige Verzeichnung; wenn die Form hingegen in der Diagonalen verkürzt wird (-), ist dies eine tonnenförmige Verzeichnung. Bei einem Ultraweitwinkelobjektiv existieren beide Verzeichnungen nur selten gleichzeitig. Während dies selten bei Objektiven auftritt, deren Konfiguration der Linsenkombination auf die Öffnungsgrenze gestellt ist, kommt es häufig in der Linse selbst vor. Gewöhnliche Zoomobjektive weisen bei den kürzesten Brennweiten oft tonnenförmige Verzeichnung und bei den längsten Brennweiten kissenförmige Verzeichnung auf (der Charakter der Verzeichnung ändert sich leicht beim Zoomen). Zoomobjektive mit asphärischer Linse hingegen bieten eine gute Korrektur, da die asphärische Linse Verzeichnung wirksam beseitigt. Diese Differenz entsteht durch die unterschiedliche Brechung der Hauptstrahlen, die in die Mitte der Linse fallen, und kann deshalb auch nicht durch eine beliebig starke Abblendung verbessert werden."
Weitere Abbildungsfehler
Folgende Abbildungsfehler sind noch bekannt:
- Chromatische Aberration (Farbfehler)
- Sphärische Aberration (Öffnungsfehler)
- Koma (Asymmetriefehler)
- Astigmatismus (Randfehler)
- Bildfeldwölbung (Bildebnungsfehler)
Weblinks
- Verzeichnung in de.wikipedia.org
- Abbildungsfehler in foto-net.de
- "12mm-Shootout - Vergleich der Verzeichnung bei vielen FT- und mFT-Objektiven" in pen-and-tell.de
- "12mm – Tonnentest - Vergleich der Verzeichnung bei vielen FT- und mFT-Objektiven" in pen-and-tell.de
- Abbildungsfehler in flaschenboden.de
- Abbildungsfehler von Linsen aus "Physikalisches Praktikum für Anfänger" der Universität Kiel
- "Optische Systeme" - ein Vortrag von Martina Gerken (Universität Karlsruhe)