Bokeh

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Bokeh des Canon EF 1:1,8/200 mm L USM bei offener Blende - mit freundlicher Genehmigung von Marcel Sahlmen
Bokeh des Tokina AT-X 1:2,5/90 mm ("Bokina") bei Blende 5,6, Canon EOS 300D (Vollbild - nicht verkleinert)
Bokeh des Meyer Primoplan V 1:1.9/75 mm - mit freundlicher Genehmigung von Henry Feddersen
Bokeh des Canon EF 1:2,5/50 mm bei Blende 6,3 Canon EOS 50D (Vollbild - nicht verkleinert)

Definition

Bokeh (vom japanischen 'boke': unscharf, verschwommen) ist ein in der Fotografie verwendeter Begriff, um die subjektive, ästhetische Qualität von unscharfen Gebieten (die im Vorder- und/oder Hintergrund liegen können) in einer fotografischen Abbildung zu kennzeichnen, die von einem Objektiv projiziert werden.

Es geht dabei nicht um die Stärke der Unschärfe, sondern darum, wie die Unschärfebereiche aussehen.

Die Wirkung kann - je nach dem verwendeten Objektiv - sehr unterschiedlich sein - siehe hierzu z. B. die Beispielbilder (Vergleich von 50-58-mm-Objektiven bezüglich Bokeh und Schärfe bei Offenblende) im unteren Teil des Artikels.

Auch die subjektive Qualität der Darstellungen des Vorder- und Hintergrundes kann - je nach dem verwendeten Objektiv - sehr unterschiedlich ausfallen. Hier wird auf die abweichende Definition des Begriffs "Tiefenschärfe" verwiesen.

Im asiatischen Raum (speziell Japan) war es - ab ca. den späten 60-er-Jahren - die Regel, neben den technischen Daten und Messwerten eines Objektives, ein Bild zu veröffentlichen, welches die Wirkung der Unschärfebereiche (also das Bokeh) anschaulich darstellt. Im restlichen Teil der Welt war dies unüblich, man beschränkte sich allein auf die Darstellung von Messwerten bei den Objektivtests.

Im Jahr 1995 wurden verschiedene Foto-Journalisten der Zeitschrift "photo technique magazine" auf das Phänomen "Bokeh" aufmerksam, es erschienen 1997 drei richtungweisende Artikel dazu. In diesen Veröffentlichungen wurde erstmals auch das "angefügte H" der englischsprachigen Bezeichnung verwendet; Initiator war wohl der damalige Redakteur Mike Johnston.

Ansatzweise erfolgte aber schon in früheren Zeiten eine - anders geartete - Betrachtung der Unschärfebereiche - hierzu zwei kurze Zitate von Andreas Feininger (aus seinem Buch "das Buch der Farbfotografie", Düsseldorf 1959):

"Das Wort "Hintergrund" scheint zu besagen, dass es sich um etwas Unwichtiges handelt. Als Bildelement ist der Hintergrund aber von entscheidender Bedeutung. Die geringe Aufmerksamkeit, die viele Fotografen gewohnheitsmäßig dem Hintergrund ihrer Bilder schenken, ist einer der Gründe, warum so viele Bilder nichts taugen."
"...dass der Hintergrund das Motiv möglichst klar und wirkungsvoll hervortreten lassen soll. Und das ist der Fall, wenn Farbe, Oberfläche oder Musterung des Hintergrundes zu kräftig, grell oder übermäßig hell sind. Je zurückhaltender, neutraler und gedämpfter ein Hintergrund ist, desto stärker wird normalerweise seine Bildwirkung sein."

Als Abschluss noch eine sehr schöne Definition von Roger Cicala (übersetzt von Helge Kramberger):

"Bokeh – Das Aussehen eines Fotos in den Bereichen wo man nicht weiß was man da eigentlich sieht."

Gutes und schlechtes Bokeh?

Wie schon oben dargestellt, handelt es sich um eine reine subjektive Empfindung des jeweiligen Fotografen (bzw. Bildbetrachter), in den diversen Foren werden teilweise sehr kontroverse Diskussionen darüber geführt. Erst langsam beschäftigt man sich wissenschaftlich mit diesem Thema (s. dazu die Darstellung der Einflussgrößen nach Dr. Hubert Nasse (Carl Zeiss) hier im Artikel.

Es gibt aber einige sehr gute Theorien, warum bei Objektiven die Darstellung der Unschärfebereiche gut oder schlechter ausfallen können. Fasst man die Thesen der verschiedenen Fachautoren zusammen, dann kann man das Bokeh in drei Kategorien einteilen:

Anmerkung:
Hier im Artikel wird - wegen der "großen Subjektivität" - nicht der Begriff schlecht verwendet. Es werden nachfolgend nur Beispielaufnahmen dargestellt, bei denen das Bokeh als speziell bezeichnet werden kann. Jeder Betrachter sollte dann für sich selber festlegen, welches Bokeh für ihn als schlecht empfunden wird.

Einflussgrößen

Nach Dr. Hubert Nasse (Carl Zeiss - Geschäftsbereich Photo-Objektive) aus seiner Veröffentlichung "Schärfentiefe und Bokeh", Camera Lens News 35 (März 2010) haben folgende Größen Einfluss auf die Phänomene außerhalb der Fokusebene (also das Bokeh):

Nachtrag Januar 2018:
Weiterhin haben viele bekannte Objektiventwicker (wie z.B. Peter Karbe - Leica) ihre Designphilosophie dahingehend geändert, dass sowohl Kontrast und Schärfe vor und hinter dem Hauptmotiv (da, wo der Fokus liegt) abfällt. Ein Zitat von Peter Karbe aus dem Artikel "New Leica SL Summicron Lenses – 35mm, 75mm, 90mm, 16-35mm" in camerareview.ca dazu:

"The sharpness DOF curve, which you can visualize as a parabola, has been changed from what you have seen in the past. We’ve tightened and raised the curve so that f/2 will offer a look that is similar to f/1.4. It is unique and extraordinary. And, at the same time, will provide greater sharpness at the point of focus. The contrast of in focus and out of focus will be more pronounced, which produces a very 3D effect."
"What does this mean? This means you are going to be able to capture a great deal more accurate and sharp images with an incredible bokeh."

Nachtrag Dezember 2018:
Es gibt auch einen Unterschied im Bokeh, wenn das Foto mit mechanischem oder dem elektronischem Verschluss einer (z.B.) spiegellosen Kamera aufgenommen wurde - hierzu ein Zitat aus dem Beitrag von Reinhard Wagner in pen-and-tell.de:

"Heller „Bokeh“-Hintergrund bei kurzen Verschlusszeiten ist mit mechanischem Verschluss unschärfer als mit elektronischem Verschluss. Lustigerweise ist auch heller Vordergrund mit mechanischem Verschluss bei kurzen Verschlusszeiten unschärfer. Das hat gar nichts mit Shutter Shock oder dergleichen zu tun, das passiert auch vom Stativ. Das liegt simpel an der Lichtbeugung am Verschluss. Bei Belichtungszeiten kürzer als die Synchronzeit, laufen ja die beiden „Vorhänge“ gleichzeitig durchs Bild. Und je kürzer die Belichtungszeit wird, desto größer ist der Anteil der Strahlen, die gerade so an der Kante des Verschlusses entlang schrammen und dort gebeugt werden. Das ist der gleiche Effekt, dem wir bei geschlossener Blende die Blendensterne und die Beugungsunschärfe verdanken. Das Licht macht gemeinerweise keinen Unterschied, ob es an der Blende gebeugt wird, oder am Verschluss."

Nachtrag Januar 2019:
Rick Oleson fasst die Einflussgrößen so zusammen: "There are multiple factors, but the overriding one is the correction of spherical aberration in the lens formula. A lens with overcorrected spherical aberration will render FOREGROUND highlights smoothly while those in the BACKGROUND will appear as donuts. In a lens with undercorrected spherical aberration the reverse is the case. Because we more often have out-of-focus backgrounds than foregrounds, in most cases this means that lenses with undercorrected spherical aberration have better bokeh."

Apodisation

Das Sony SAL 2,8/135 STF (T4.5) "verschönert" das Bokeh durch eine ganz andere Maßnahme: "Einschwenken" von zwei zusätzlichen Glaselementen, die den Unschärfeverlauf im Vorder- und/oder Hintergrund so verändert, dass er - für den Betrachter - ansprechend dargestellt wird - dieses Verfahren nennt man Apodisation. Hierbei wird - natürlich - die optische Rechnung des Objektives verändert.

Die genauen Zusammenhänge werden in dem hervorragenden Artikel von Markus Keinath genauer dargestellt, weiterhin geht er auf die Möglichkeit ein, nachträglich (durch Umbau) das Bokeh eines Objektives verändern zu können. Der Autor nutzt hierfür selbst erstellte Masken, die das Bokeh positiv beeinflussen.

Objektiv-Empfehlungen

Minolta Rokkor 1:1,2/58 mm - mit freundlicher Genehmigung von www.grainlab.com
Rodenstock Imagon 1:4,5/120 mm - mit freundlicher Genehmigung von von arsenal-photo.com
Canon EF 1:1,8/200 mm L USM an einer Canon EOS 1000D - mit freundlicher Genehmigung von Marcel Sahlmen
Meyer Primoplan V 1:1.9/75 mm - mit freundlicher Genehmigung von Henry Feddersen
Voigtländer (Cosina) Apo Lanthar 1:2,5/125 mm SL Macro - mit freundlicher Genehmigung von Henry Feddersen
Spiratone Portagon 1:4/100 mm - mit freundlicher Genehmigung von team-foto.com

Damit kommen wir zu einem "sehr schwierigen Gebiet", denn es handelt sich beim Bokeh - wie schon oben dargestellt - um keine "messbare Größe", sondern um eine subjektive Einschätzungen von Anwendern.

Zurzeit (Juli 2010) scheinen Festbrennweiten beim Bokeh besser abzuschneiden als vergleichbare (neuzeitliche) Zoomobjektive. Insbesondere sehr lichtstarke und längere Festbrennweiten sind lt. vieler Anwendermeinungen eher zu empfehlen.

Es gibt - bei den Zoomobjektiven - aber auch Ausnahmen: Hier sind insbesondere die lichtstarken Tele-Zoomobjektive von Canon (aus der "L"-Serie) und Nikon zu nennen, die bei längeren Brennweiten ein sehr ansprechendes Bokeh darstellen.

Weiterhin gibt es noch ein paar "Spezialisten", die auf ein schönes Bokeh "getrimmt" sind (z. B. Weichzeichnerobjektive) oder bei denen Veränderungen in der Korrektur (Stichwort "Sphärische Aberration") vorgenommen werden können - einige dieser Objektive werden nachfolgend dargestellt.

Trotz der (oben genannten) Subjektivität sollen hier einige Objektive vorgestellt werden, deren Bokeh bei vielen Anwendern als "sehr gut" eingeschätzt wird:

Canon

Dreamagon

Fujinon

Leica/Leitz

Mamiya

Meyer-Optik Görlitz

Minolta/Sony

Nikon

Pentax

Olympus

Rodenstock

Sima

Spiratone

  • Spiratone Portagon 1:4/100 mm - hierbei handelt es sich um einen "unkorrigierten Einlinser", der in einer "normalen Fassung" gefasst ist. Das Objektiv besitzt keine Blende und produziert ein weiches, gefälliges Bokeh, welches aber nicht verändert werden kann. Das Objektiv wurde im deutschsprachigen Raum auch von der Firma Hama (s. Abbildung) vertrieben.

Tokina

Vivitar

Voigtländer (Cosina)

(Kleine) Galerie von "sehr gut" eingeschätzten Objektiven

Hier eine kleine Galerie mit einigen der oben genannten Objektive:

Es handelt sich um eine nicht abschließende Aufzählung, die weitergeführt wird.

Besondere Bokeh-Effekte und Vergleichsaufnahmen

Nachfolgend werden einige besondere Bokeh-Effekte detailliert dargestellt:

"Flächiges" Bokeh

Bokeh des Tokina AT-X 1:2,5/90 mm ("Bokina") bei offener Blende, Canon EOS 450D (Vollbild - nicht verkleinert)
Bokeh des Soligor C/D Macro MC 1:2,5/90 mm bei Blende 2.5, extremer Nahbereich, Canon EOS 450D (Vollbild - nicht verkleinert)
Bokeh des Tokina AT-X 1:2,5/90 mm ("Bokina") bei offener Blende, Canon EOS 450D (Vollbild - nicht verkleinert)
Bokeh des Canon EF 1:1,8/200 mm L USM bei offener Blende - mit freundlicher Genehmigung von Marcel Sahlmen
Rodenstock TV-Heliogon 1:0,75/50 mm (Offenblende), EOS 300D, Vollbild, nicht verkleinert - mit freundlicher Genehmigung von Carsten Debbe

Dieses scheint der Effekt zu sein, der den meisten Betrachtern subjektiv "am besten gefällt": Der Vorder- und Hintergrund "zerfließt" in "Farbflächen" ohne störende Konturen, die vom eigentlichen Hauptmotiv ablenken.

Dieser Effekt lässt sich am einfachsten "provozieren":

Hierbei ist aber zu beachten, dass es hierbei auch auf den "Charakter" des Objektives ankommt, denn trotz Berücksichtigung der o. a. Vorgaben kann es bei einigen Objektiven zu einem sehr unruhigem - und damit subjektiv schlechtem - Bokeh kommen.

Hier eine kleine Galerie dazu:

Weitere Beispielaufnahmen sind im Artikel Lichtstärke zu finden.

Swirl-Effekt

Bei diesem - etwas ungewöhnlichen - Effekt scheint sich der Hintergrund nicht (wie erwartet) "aufzulösen", sondern die unscharfen Elemente scheinen sich zu drehen ("swirl"). Mit folgenden Objektiven kann man den Swirl-Effekt im Bokeh "provozieren":

Hier eine sehr schöne (nicht ernst gemeinte) Definition dazu von Helge Kramberger:

"Swirl - Ein gestalterischer Effekt, der beim Betrachter des Bildes Schwindelgefühle auslöst. Um den Effekt zu erzielen, geben Fotografen sehr viel Geld für teure Objektive aus, auch wenn er sehr viel günstiger mit billigem Schnaps für den Betrachter erzeugt werden könnte."


Hier eine kleine Galerie dazu:


Ring-Unschärfe bei Spiegelobjektiven

Ring-Unschärfe bei Spiegelobjektiven - mit freundlicher Genehmigung von Armin Kübelbeck

Durch die Verwendung eines Fangspiegels im Strahlengang werden unscharfe Punkte als Ring und nicht wie sonst üblich als Scheibe abgebildet. Deshalb wird der Vorder- und Hintergrund unangenehm unruhig dargestellt, häufig dazu werden noch Doppelkonturen abgebildet.

Es ist aber auch möglich, mit Spiegelobjektiven ein "gefälliges" Bokeh zu "produzieren", welches nicht vom o. g. flächigen Bokeh zu unterscheiden ist - Beispielaufnahmen hierzu folgen.

Die "Hochzeit" der Spiegelobjektive scheint auch vorbei zu sein, da sich das Konstruktionsprinzip nicht mit den neuzeitlichen AF-Systemen "verträgt" - hier als Beispiel ein Spiegelobjektiv aus dem OM-System:

(wird fortgeführt)

Hier eine kleine Galerie dazu:


Beispiele für ein "spezielles" Bokeh

Biene-Kringel-Bokeh des Meyer Trioplan 1:2,8/100 mm - (Vollbild, nicht verkleinert), Canon EOS 5D, Blende 2,8 - mit freundlicher Genehmigung von Willi Nemski, manuelle-objektive.nemski.de
Bokeh im Nahbereich - (Vollbild, nicht verkleinert), Zuiko MC Auto-W 1:2/35 mm - ohne Silbernase, Canon EOS 450D, Blende 2

Wie schon oben ausführlicher dargestellt, ist die Wertung des Bokehs sehr subjektiv, deshalb ist es extrem schwierig, ein Bokeh als "wirklich schlecht" zu bezeichnen - hier wird die (ansprechendere) Bezeichnung "speziell" verwendet. Um ein spezielles Bokeh hier anschaulich darzustellen, wurden verschiedene Fotografen gebeten, dies aus ihrer Sicht bei den nachfolgenden Bildbeispielen zu provozieren:


Spezialobjektive

Wie schon oben ausgeführt, werden (bzw. wurden) von vielen Herstellern Spezialobjektive angeboten, die - neben anderen Eigenschaften - ein besonders gefälliges Bokeh produzieren sollen. Viele sind heute nicht mehr auf dem Markt und/oder nur noch zu horrenden Preisen zu bekommen.

Dreamagon 1:4/90 mm

Siehe hierzu den Einzelartikel zu diesem "speziellen" Objektiv.

Sima SF Lens 1:2/100 mm soft focus & macro

Siehe hierzu den Einzelartikel zu diesem "speziellen" Objektiv.


Vergleichsaufnahmen

Vergleich von diversen 50-58-mm-Objektiven bezüglich Bokeh und Schärfe bei Offenblende

Bokeh und Schärfe des Olympus Zuiko Auto-S 1:1,4/50 mm bei Offenblende an einer Canon EOS 5D MkII - mit freundlicher Genehmigung von Ralph Schoberth
Bokeh und Schärfe des Leica Summilux 1:1,4/50 mm (ES55) bei Offenblende an einer Canon EOS 5D MkII - mit freundlicher Genehmigung von Ralph Schoberth
Bokeh und Schärfe des Nikon Nikkor 1:1,4/58 mm bei Offenblende an einer Canon EOS 5D MkII - mit freundlicher Genehmigung von Ralph Schoberth

Hierzu wurden uns dankenswerterweise Vergleichsaufnahmen von sehr unterschiedlichen Normalobjektiven bei Offenblende an einer Canon EOS 5D MkII von Ralph Schoberth zur Verfügung gestellt:


Vergleich von extrem lichtstarken 50-58-mm-Objektiven bezüglich Bokeh und Schärfe bei Offenblende

Bokeh und Schärfe des Zuiko Auto-Makro 1:2/50 mm bei Offenblende an einer Canon EOS 5D MkII - mit freundlicher Genehmigung von Ralph Schoberth

Hierzu wurden uns dankenswerterweise Vergleichsaufnahmen von extrem lichtstarken 50-58-mm-Objektiven bei Offenblende an einer Canon EOS 5D MkII von Ralph Schoberth zur Verfügung gestellt:

Bitte beachten:
Die - doch sehr erheblichen - Unterschiede treten erst bei der Betrachtung in "Vollauflösung" in Erscheinung, hierzu wurden die Bildbeispiele in Originalgröße (aber stark komprimiert) hinterlegt.

Zitate

Hier ein paar Zitate von Dr. Hubert Nasse (Carl Zeiss - Geschäftsbereich Photo-Objektive) aus seiner Veröffentlichung "Schärfentiefe und Bokeh", Camera Lens News 35 (März 2010):

"Große Schärfentiefe kann eine erwünschte Eigenschaft sein; in der Makrofotografie hätte man gern mehr davon als möglich ist. Oft ist sie aber auch unerwünscht. Denn ein gutes Bild zeichnet sich meist dadurch aus, dass es die überflüssigen Dinge weglässt oder nur andeutet und den Blick auf die wesentlichen Aspekte des Motivs lenkt.

Ein Gestaltungsparameter, der uns helfen kann, dieses Ziel zu erreichen, ist die Dosierung der Unschärfe vor und hinter dem Hauptmotiv durch eine geeignete Kombination von Blende, Brennweite und Aufnahmestandpunkt. Ein unscharfer Hintergrund löst das Hauptmotiv von ablenkenden unwichtigen Details und erhöht die plastische Wirkung des Bildes. Unscharfe Partien des Bildes können auch dekorativ sein und eine durchaus wichtige Rolle in der Bildkomposition haben.

...Unschärfe...Diese Bildeigenschaft ist ist ja mehr von ästhetischer, also sehr subjektiver Natur und lässt sich nicht so einfach mit Zahlen beschreiben wie das scharfe Bild. Deshalb spielen ihre Feinheiten hierzulande in Objektivtests keine große Rolle. Das ist in Japan ganz anders; dort enthält jeder Test außer Zahlen für Kontrast und Auflösung etc. immer auch Bildbeispiele mit unscharf abgebildeten Blumen, Blättern und anderen Dingen, die häufig als fotografischer Hintergrund fungieren. Ganz zu Recht ist deshalb als Sammelbegriff für alle Eigenschaften der Unschärfe das japanische Wort 'Bokeh' weltweit im Gebrauch."


"Die entscheidende Größe für die Qualität von Unschärfe ist (also) die physische Größe der Eintrittspupille. Wenn man mit 'Bokeh' in erster Linie die Fähigkeit meint, den Hintergrund sehr unscharf, weich und detailarm darstellen zu können, muss man eine genügend große Eintrittspupille haben. Großes Aufnahmeformat, lichtstarke Objektive und längere Brennweiten haben in der Richtung das beste Potential."

Zur Designphilosophie von Objektiven und der daraus folgenden Darstellung des Bokehs ein Zitat aus dem dazugehörigen Artikel in der deutschen Ausgabe der Wikipedia:

"Verschiedene Hersteller verfolgten bis vor einigen Jahren auch ganz unterschiedliche Optimierungsziele beim Objektivdesign, was ebenfalls Auswirkungen auf das Bokeh hatte. Traditionell wird z. B. vielen Nikon- und Canon-Objektiven ein eher unruhiges Bokeh nachgesagt; insbesondere Nikon-Objektive wurden schon früh auf extreme Schärfe optimiert, was einem ausgewogenen Bokeh meist abträglich ist. Minoltas Designphilosophie lag in bestmöglicher Ausgewogenheit von Farbe und Kontrast über das gesamte Objektivprogramm hinweg. Bei Leica (und später auch bei Minolta) lag der Fokus auf einer optimalen Balance zwischen Mikrokontrast und allgemeinem Kontrast (d. h. höchste MTF-Werte für 60 lp/mm und (nur) gute für den wichtigen Bereich von 10–30 lp/mm), was der Abbildung durch die Wiedergabe feinster Oberflächenstrukturen bei ansonsten eher weicher Darstellung eine gewisse Dreidimensionalität verleiht und zu sog. liquid colors verhilft – und eben häufig auch zu einem sehr angenehmen Bokeh, für das viele Leica- und Minolta-Objektive berühmt sind. Zeiss-Objektive wurden, z. T. auf Kosten von Kontrast und neutraler Farbwiedergabe, auf einen möglichst gleichmäßig hohen MTF-Wert bis zum Rand und einen bestimmten von Brennweite und Einsatzzweck abhängigen „Knickpunkt“ an Linienpaaren/Millimeter hin optimiert."


Siehe auch

Weblinks

Allgemein

Apodisation

Besondere Bokeh-Effekte und Vergleichsaufnahmen

(Empfehlenswerte und "außergewöhnliche") Objektive