Lichtstärke

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Carl Zeiss Planar 1:0,7/50 mm - mit freundlicher Genehmigung der Carl Zeiss AG - Geschäftsbereich Photoobjektive / Camera Lens Division
Leitz-M Summar 1:0,85/75 mm an einer Leica M3 - mit freundlicher Genehmigung von arsenal-photo.com
Leitz-M Elcan 1:1/90 mm - mit freundlicher Genehmigung von arsenal-photo.com
Extrem geringe Schärfentiefe des Leica M-Noctilux 1:0,95/50 mm bei Offenblende - photo courtesy of DIGLLOYD INC
Angénieux 1:0,95/50 mm an einer Konica Hexar RF - mit freundlicher Genehmigung von JapanExposures.com
Rodenstock TV-Heliogon 1:0,75/50 mm - mit freundlicher Genehmigung von Carsten Debbe

Begriffserläuterung

Die Lichtstärke eines Objektives ist das Verhältnis zwischen der größten Blendenöffnung und der Brennweite. Sie bezeichnet damit die Fähigkeit, wie viel Licht ein Objektiv einfangen kann.

Es handelt sich also um einen relativen Wert, der (nur) anzeigt, wie viel Licht auf den Sensor/Film (durch das Objektiv mit genau dieser Lichtstärke) gelangt. Dieser ist vollkommen unabhängig von der Größe des Sensors/Films - z.B. Lichtstärke 1.2 ist immer Lichtstärke 1.2, egal ob bei mFT, Kleinbild oder auch Großformat.

Fälschlicherweise wird auch immer wieder - auch in Fachartikeln - dargestellt, dass z.B. ein FT- (mFT-) Objektiv "45mm/F2" mit einem Kleinbild-Objektiv "90mm/F4" "gleichzusetzen" ist. Dies gilt NUR für die Schärfentiefe, die Lichtstärke verringert sich hier NIE (s.o. "relativer Wert")

Hinsichtlich der Schärfentiefe gibt es zwischen den verschiedenen Film-/Sensor-Formaten und (natürlich) der verbundenen Brennweite bei vergleichbarer Lichtstärke Unterschiede - hier wird auf den entsprechenden Artikel in der Olypedia verwiesen.

Maßgeblich dafür ist vor allem die Größe der Frontlinse (bzw. Frontlinsengruppe), was lichtstärkere Objektive schwerer und hochpreisiger macht als Objektive mit "normaler" Lichtstärke.

<math>Lichtst\ddot arke = \frac {gr\ddot osste \ddot Offnung} {Brennweite} </math>

Das Carl Zeiss Planar 1:0,7/50 mm ist das (zurzeit bekannte) lichtstärkste Objektiv für den Fotobereich. Mit dem Objektiv konnten Filmaufnahmen von bewegten Szenen bei Kerzenlicht gedreht werden, so etwa im Film "Barry Lyndon" von Stanley Kubrick.
Wie einige Quellen berichten, handelt es sich ursprünglich um ein extrem teures Einzelstück, welches exklusiv für die NASA zur Beobachtung von Spionagesatelliten entwickelt wurde (Eine Quelle: "Kubrick, Nixon und der Mann im Mond", TV-Mockumentary von William Karel). Nur mit diesem Objektiv war dies zur damaligen Zeit möglich.
Das im Film "Barry Lyndon" verwendete Objektiv ist konstruktiv identisch mit der o. a. NASA-Konstruktion, es soll sich aber nicht um dieses NASA-Einzelstück handeln.

Lt. mehrerer Quellen scheint es vor 1962 eine sog. "Solid Schmidt-Camera" in der Astronomie gegeben zu haben, deren Objektiv eine Lichtstärke von 1:0,35 hatte - Zitat:

"Die Frage kommt immer mal wieder auf, welches denn das lichtstärkste Objektiv sei. Da lese ich gerade in einem Fotobuch aus den 60er Jahren folgendes über die sog. "Solid Schmidt-Camera".
Das Objektiv besteht aus einem Glasblock, welcher die Kamera mit dem Film umschließt und nach dem Prinzip des Spiegelobjektivs funktioniert. Im Bild unten wird das Bild an der Stelle B auf dem Film aufgefangen.
Auf diese Weise ließ sich eine Öffnung von 1:0,35 erzielen, die heute noch die höchste je erzielte Lichtstärke eines Objektivs ist."

Aufgetaucht ist ein Zeiss Super-Q-Gigantar 1:0,33/40 mm - für die Contarex - welches aber vermutlich nur für PR-Zwecke (1960) gebaut wurde. Einige Quellen vermuten, dass eine "vernünftige Fotografie" mit diesem Objektiv gar nicht möglich sei.[4]


Die theoretisch höchstmögliche Lichtstärke beträgt lt. mehrerer Quellen 1:0,3535.

Relativität des Begriffes "lichtstarkes Objektiv"

In den 1950er- und 1960er-Jahren bürgerte sich mehr und mehr die Standard-Lichtstärke 1:2,8 für Standard-Objektive mit Brennweite 50mm für 35mm-Kleinbildfilm ein. Alles, was für Kleinbildformat eine höhere Lichtstärke hat gilt seitdem als lichtstark. Bei Zoom-Objektiven für KB-Format ist 1:2,8 als Anfangslichtstärke plus Tele-Lichtstärke besser als 1:5.6 schon relativ lichtstark.

Heutzutage ist 1:2,8 sogar schon erfreulich oft wenigstens als Weitwinkel-Lichtstärke bei Zoom-Objektiven von Digitalkompaktkameras anzutreffen. Für Video und TV sowie 8mm- und 16mm-Film ist aber durchaus eine Lichtstärke von 1:1,4 üblich (kleine C-mount-Objektive), die ebenfalls auf kleines Format aufnehmenden digitalen Kompakten haben also mit 1:2,8 nur die Hälfte dieses Potentials bisher als Standard. Noch gilt also auch bei kompakten Digitalen: "Schneller" als 1:2,8 gilt als lichtstark (fast lens=schnelle Linse, englisch für "lichtstarkes Objektiv").

Anders sieht es beim Mittelformat aus. 1:2,8 gilt da bereits als lichtstark für ein 80mm Standard-Objektiv. Für ein riesiges altes Studio-Kamera-Monstrum kann eine 1:7,7-Lichtstärke schon "schnell" sein.

Ebenso sieht es aus bei "Ultra"-Weitwinkel und Tele-Objektiven. Bei stark vom Normalobjektiv abweichenden Brennweiten, z.B. für Kleinbildformat außerhalb der Grenzen 24mm bis 135mm, gilt 1:2,8 schon als besonders lichtstark und 1:4 als lichtstark. Für extreme Tele-Brennweiten sind Lichtstärken in dieser Höhe sogar sensationell, wie beim 256 kg schweren Zeiss 1700/4 (15 Elemente in 13 Gruppen) für Mittelformatkameras, das exklusiv für das Emirat Katar gefertigt wurde, wo damit speziell das National-Tier, die Oryx-Antilope, fotografiert werden soll.

Was (oder wem) bringt eine hohe Lichtstärke überhaupt etwas?

Diese Frage wird immer wieder gestellt.

Erste Antwort: Dem Fotografen.

Ohne lichtstarke Objektive gäbe es heutzutage nur Architekturfotografie, denn an den ersten Daguerreotyp-Kameras von 1839 waren noch Objektive mit geringen Lichtstärken von 1:14 bis 1:17. Portrait-Fotografie wurde erst möglich, als Charles Louis Chevalier 1840 auch lichtstarke Objektive liefern konnte (Lichtstärke 1:5,6) und Jozef Maximilián Petzval im gleichen Jahr in Zusammenarbeit mit Voigtländer sein Petzval Portrait-Objektiv (Lichtstärke 1:3,5) in Produktion brachte. Portrait-Belichtungszeiten verkürzten sich dadurch von 10 Minuten auf 30 Sekunden. Aber selbst dazu waren noch "Stillhalte-Gestelle" nötig, um den Porträtierten in Pose zu halten. Verbesserte Foto-Chemie ermäßigte die Stillhalte-Zeiten in den folgenden Jahren - bald wollte jeder porträtiert werden, der Beruf des Fotografen war damit schnell etabliert.

Zweite Antwort: (unauffällig gemachte) Schnappschüsse.

Der nächste Lichtstärke-"Quantensprung" ermöglichte schließlich die heute so beliebte "Available-Light"-Fotografie. Erich Salomon[1] war Foto-Reporter und als erster berühmt geworden mit seinen innerhalb von Gebäuden ohne Blitz gemachten Schnappschüssen von Politikern und Prominenten. Er benutzte Ernemann's revolutionäre Kamera "Ermanox" mit dem Objektiv Ernostar (Lichtstärke 1:2). Der nach ihm benannte Fotopreis (Erich-Salomon-Preis) ist heutzutage einer der bedeutendsten Fotografie-Preise.

Argumente für eine hohe Lichtstärke

Hier - populär dargestellt - die wichtigsten Argumente:

Was bringen neuzeitliche Techniken?

Neuzeitliche Techniken - wie z. B. Rauschunterdrückung (Noise Reduction), IS-Techniken (Bildstabilisator) oder Bildbearbeitungsprogramme (z. B. Adobe_Photoshop) - führen leider nicht immer zu den oben genannten Effekten:
Stellt man Aufnahmen mit einem lichtstarken Objektiv bei offener Blende und einem lichtschwachen Objektiv mit Bildstabilisator (bei gleicher ISO-Einstellung) gegenüber, so sind nur unbewegte Objekte gleich scharf. Wenn es sich um ein bewegtes Objekt handelt, kann nur das lichtstarke Objektiv (in den Verwacklungsgrenzen) ein scharfes Bild liefern. Beispiel: Bei gleichen Lichtverhältnissen kann ein Objekt z. B. mit folgenden Objektiven fotografiert werden:

Bei unbewegten Objekten gibt es nur die "normalen" Unterschiede: Größere Schärfentiefe beim oben genannten Canon-Objektiv, Trennung vom Hintergrund beim oben genannten Olympus-Objektiv. Bei einem bewegten Objekt gibt es aber einen eklatanten Unterschied: Nur beim Foto mit dem Zuiko fehlt die Bewegungsunschärfe!
Der andere Unterschied wurde auch schon dargestellt, das oben genannte Canon-Objektiv ist auch bei offener Blende nicht geeignet, ein Objekt (z. B. für ein Porträt) freizustellen.
Aber: Wofür gibt es denn ein Bildbearbeitungsprogramm? Sicher, z. B. mit einem Unschärfefilter kann man ein Objekt problemlos freistellen, nur - auch bei den ausgefeiltesten Programmen - ist dieser Eingriff meistens recht deutlich zu erkennen.

Argumente gegen eine hohe Lichtstärke

  • Der Aufwand, große Linsen präzise zu schleifen, ist extrem hoch.
  • Das Gewicht lichtstarker Objektive für größere Kameras ist hoch.
  • Der Preis der für die meisten Kamerasysteme angebotenen lichtstarken Objektive ist, abgesehen von jeweils einem bestimmten Normalobjektiv, zumeist hoch.
  • Und das zumal sie an Digitalkameras bei Offenblende den Anteil schräg auf den Sensor einfallenden Lichtes erhöhen, für das der Wirkungsgrad der Bildsensoren geringer ist.

Bei kleineren Systemkameras reduziert sich die Zahl der Nachteile, weil damit mindestens per Adapter auch preisgünstige lichtstarke Objektive benutzt werden können, weil die lichtstarken Objektive der kleineren Systeme nicht gar so schwer sind, und weil deren Linsen noch nicht mal unbedingt besonders groß sind. Und das mit dem Wirkungsgrad für schräg einfallendes Licht ist zumeist unerheblich.

Fazit und eine provokante These

Jeder Nutzer muss für sich selber entscheiden, ob ein lichtstarkes Objektiv für ihn in Frage kommt. Derzeit (Oktober 2010) entscheiden sich sehr viele bekannte Fotografen der "alten Schule" für lichtstarke Objektive, wenn der Einsatzzweck es empfiehlt. Die jüngere Generation setzt eher auf eine Nachbearbeitung mit einem Bildbearbeitungsprogramm.

Überhaupt ist - sehr provokativ - festzustellen, dass es zwei gegenteilige Philosophien bei der Erstellung einer Fotografie gibt:

  • Das Bild wird in der Kamera gemacht - nachträgliche "Änderungen" werden nur sehr sparsam oder bei Notwendigkeit durchgeführt, vor allem bei der Entwicklung.
  • Das Foto entsteht erst im Bildbearbeitungsprogramm - die Kamera und die "Fähigkeit" des Fotografen sind nur technische Basis für per Software zusammengepuzzlete Fotos. Wofür brauchen wir dann noch den Fotografen - aber das ist ein ganz anderes Thema, welches hier nicht hingehört.

Zuletzt noch eine Anleihe aus der KFZ-Technik: Lichtstärke ist durch nichts zu ersetzen.... [3]
(Original für die "unwissenden Kollegen": Hubraum ist durch nichts zu ersetzen....)

Blendenreihe in Drittel-Schritten (zur Einordnung der Lichtstärke)

Zur Einordnung der Lichtstärke wird hier eine typische Blendenreihe in Drittel-Schritten dargestellt:

0.7 0.8 0.95 1.0 1.1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 2.2 2.5 2.8 3.2 3.5 4 4.5 5.0 5.6 6.3 7.1 8 9 10 11 13 14 16 18 20 22 26 28 32

Anmerkung: Die ganzen Stufen sind zur Orientierung hell unterlegt.

Einige sehr lichtstarker Objektive

Hier eine - nicht abschließende - Aufzählung sehr lichtstarker Objektive und das dazugehörige (verfügbare) Bildmaterial:

Lichtstärke unter 1:1,0

Canon 1:0,95/50 mm an einer Leica CL - mit freundlicher Genehmigung von JapanExposures.com
Leica M-Noctilux 1:0,95/50 mm - mit freundlicher Genehmigung von arsenal-photo.com
Voigtländer (Cosina) Nokton 1:0,95/25 mm an einer Olympus PEN E-PL1 - mit freundlicher Genehmigung von Peter Lück


Objektiv konvertiert zu Lichtstärke größer 1:1,0

Der Metabones® / Caldwell Photographic EF - E-mount Speed Booster™ wurde 2013 vorgestellt. Die erfahrenen Optiktechniker Brian Caldwell und Wilfried Bittner haben den 4-linsigen lichtstärke-erhöhenden Weitwinkel-Konverter entwickelt. Ausführlich gibt dazu Auskunft das White Paper von Metabones®. Varianten ohne Autofocus gibt es für Leica R-Objektive und ALPA-Objektive. Ebenso gibt es oder soll es geben solche Konverter für µ4/3, Canon M und digitale Fujifilm-Systemkameras, sowie für Nikon F-Objektive.

  • Canon EF 50mm 1:1,2 konvertiert zu 35,5mm 1:0,9 per Metabones® EF - E-mount Speed Booster™ Weitwinkel-Konverter, siehe digitalkamera.de
  • Canon EF 85mm 1:1,2 konvertiert zu 60,5mm 1:0,9 per Metabones® EF - E-mount Speed Booster™ Weitwinkel-Konverter

Firma Zhongyi hat den Lens Turbo-Adapter im Angebot in verschiedenen Varianten für APS-C-Format CSC-Kameras. Die Umrechnung auf KB-Format ist Brennweite×1,5×0,726 so dass ein 85mm-Objektiv auf KB-Format umgerechnet zum 92,5mm wird. Um einen f-stop abgeblendet sollen laut Test die Bildergebnisse sogar recht ordentlich sein, so dass er in erster Linie ein einfacher Weitwinkel-Konverter ist mit Lichtstärkegewinn natürlich auch abgeblendet.


Lichtstärke 1:1,0

Canon EF 1:1/50 mm USM L - mit freundlicher Genehmigung von arsenal-photo.com
Canon EF 1:1/50 mm USM L - mit freundlicher Genehmigung von arsenal-photo.com


Lichtstärke 1:1,1

Nikon Nippon Kogaku Nikkor N-C 1:1,1/50 mm - mit freundlicher Genehmigung von arsenal-photo.com
Zunow 1:1,1/50 mm - mit freundlicher Genehmigung von arsenal-photo.com


Lichtstärke 1:1,2

Auto Yashinon 1:1,2/55 mm "Tomioka" - mit freundlicher Genehmigung von "O.S."
Leitz Noctilux-R 1:1,2/52 mm (Prototyp) - mit freundlicher Genehmigung von arsenal-photo.com
Minolta MC Rokkor PG 1:1,2/58 mm - mit freundlicher Genehmigung von camerafoxx
Auto Yashinon 1:1,2/55 mm "Tomioka" an einer Yashica TL-electro X - mit freundlicher Genehmigung von "O.S."
Minolta MD Rokkor 1:1,2/50 mm - an einer Canon EOS 5D MkII - mit freundlicher Genehmigung von Ralph Schoberth

Weitere interessante Normalobjektive dieser Lichtstärke sind in folgenden Artikeln zu finden:


Lichtstärke 1:1,3

Kilfitt Zoomatar 1:1,3/75 mm adaptiert an einer Panasonic Lumix DMC-G1 - mit freundlicher Genehmigung von Peter Werner
Kilfitt Zoomatar 1:1,3/250 mm für das Hassellblad-System - mit freundlicher Genehmigung von arsenal-photo.com


Lichtstärke 1:1,4

Leica Summilux-M 1:1,4/24 mm ASPH. - mit freundlicher Genehmigung von arsenal-photo.com
Canon EF 1:1,4/24 mm L (Typ 2) - mit freundlicher Genehmigung von arsenal-photo.com
Nikon AF-Nikkor 1:1,4/28 mm - mit freundlicher Genehmigung von www.grainlab.com

Weitere interessante Normalobjektive dieser Lichtstärke sind in folgendem Artikel zu finden:


Lichtstärke geringer 1:1,4

Olympus Zuiko Auto-T 1:2/250 mm (OM-System) - mit freundlicher Genehmigung von arsenal-photo.com

Weitere hochlichtstarke Objektive sind z. B. unter Zuiko Auto-S 1:1,2/55 mm und Zuiko Auto-T 1:1,4/85 mm (Prototyp) zu finden.

Benutzte Objektivmodelle sowie Besonderheiten bei der Rechnung sehr lichtstarker Objektive

Linsenschnitt des Planar-Objektivmodells (aus der Wikimedia Foundation)

Objektivmodelle

Übrigens: Alle bekannten sehr lichtstarken Objektive - im Bereich von 35 bis 85 mm Brennweite - nutzen das Objektivmodell "Planar-Typ", welches 1896 von Dr. Paul Rudolph für die Firma Carl Zeiss entwickelt wurde. Um die - durch die großen Durchmesser der Linsen - auftretenden Abbildungsfehler zu kompensieren, müssen aber zusätzliche Linsen (-Gruppen) eingefügt werden.
Bei den anderen Brennweitengruppe sind keine einheitlichen Objektivmodelle festzustellen.

Besonderheiten und/oder Abbildungsfehler

Hierzu einige sehr treffende Zitate von Ralph Schoberth:

"Je lichtstärker Objektive gerechnet werden, mit desto mehr optischen Abbildungsfehlern ist zu kämpfen. Selbst der Einsatz asphärischer Elemente schaffen es nicht, alle Fehler zu eliminieren. So muss jeder Hersteller von schnellen Linsen Kompromisse schließen.

Hauptsächlich treten folgende Fehler bei Offenblende auf:
- Koma (punktförmige Lichtquellen im Randbereich erscheinen mit einer Art Schweif)
- Axiale Cromatische Aberration (unscharfer Vordergrundbereich erscheint meist mit Rotstich und Hintergrundunschärfe erscheint grünlich)
- Spherische Aberration (Kontrastarmut, Weichzeichnereffekt, eine Art Nebel scheint über dem scharfen Kernbild zu liegen.)
- Randunschärfen und Überstrahlungen an den Rändern.

Bei allen schnellen Objektiven der Klasse 1.0/1.2/1.4, treten die angesprochenen Fehler mehr oder weniger auf, da die optischen Gesetze nicht gebrochen werden können. Es gilt einen stimmigen Kompromiss zu finden.

Als der am meist störende Effekt, gilt die Spherische Aberration. Lichtstrahlen die auf den Randbereich der Frontlinse treffen, haben eine andere Brennweite wie das Kernbild und somit überlagert ein unscharfes Geisterbild das Kernbild. Dies zeigt sich dann im Bild, als eine Art Glühen oder Nebel, das besonders um helle Objekte stark auffällig wird. Gleichzeitig leidet der Kontrast erheblich und der Mikrokontrast verschwindet. Die Bildwiedergabe wirkt dadurch flau.

Leider haben die meisten Hersteller kaum auf eine Lösung letzteren Problems hingearbeitet, mit Ausnahmen von Canon, Leica und Nikon, die bei einigen Modellen asphärische Linsen einsetzen, um diesen Problem Herr zu werden.

Aber Leica und Minolta haben bei ihren Rechnungen lichtstarker Objektive auf weitgehende Behebung der Spherische Aberration geachtet und schaffen es auch ohne Asphären den störenden Effekt so gut als möglich zu unterdrücken.

Die Kunst des Objektivbaus ist es nun die unvermeidlichen Fehler so geschickt zu minimieren und zu vereinen, dass ein möglichst stimmiges Gesamtbild erreicht wird."

Hier ist der komplette Artikel von Ralph Schoberth zu finden, der auch ausführlich auf die lichtstarken Normalobjektive von Minolta eingeht:

Hier noch zwei außergewöhnliche Objektive von Canon (aus dem FD-System) die "den Weg in die digitale Neuzeit gefunden haben":



Prototypen (die leider nie das Licht der Welt erblickt haben) sowie einige "Spezialisten"

Zuiko Auto-T 1:1,4/85 mm (Prototyp) - mit freundlicher Genehmigung von Marco Cavinia

Hier finden sie eine - nicht abschließende - Aufzählung von Prototypen, die leider nicht in Serie produziert wurden. Zusätzlich werden ein paar "Spezialisten" dargestellt, die u. a. für eine militärische und/oder medizinische Anwendung entwickelt wurden.


Kuriosa

Gesamtlichtstärke

Hierzu einige Zitate aus dem hervorragenden Artikel von Reinhard Wagner in oly-e.de:

"Ein Begriff geistert seit Jahren durch die Fotoszene: "Gesamtlichtstärke". Er taucht meist dann auf, wenn bewiesen werden soll, dass ein Kleinbildsensor allein schon deshalb rauschärmer ist, weil er größer ist. Der "Beweis" geht meist folgendermaßen:
- Ein KB-50mm Objektiv mit f/2 hat eine Eingangspupille von 25mm.
- Ein FT-25mm Objektiv mit f/2 hat eine Eingangspupille von 12,5mm.
Folge: das KB-Objektiv lässt viermal so viel Licht durch wie das FT-Objektiv.

Soweit ist das auch völlig korrekt. Jetzt geht's aber in die Metaphysik. Behauptung:
Weil die Lichtmenge viermal so hoch ist, ist das Rauschen eines Kleinbildsensor entsprechend geringer, also um zwei Blendenstufen.

Kleines Problem: diese vierfache Lichtmenge verteilt sich auf die vierfache Fläche, die Belichtung pro Quadratmillimeter ist also identisch.

Dieses "Problem" wird großzügig ignoriert und die Relevanz einer "Gesamtlichtstärke" postuliert, die durch die höhere absolute Photonenanzahl das Rauschen reduzieren solle. Meist werden als Beweis Fotos aus verschiedenen Kameras bei DPReview oder anderen Vergleichsportalen angeführt und konstruktive Unterschiede zwischen Sensoren prinzipiell wahlweise ignoriert oder hervorgehoben, wie es gerade passt.

1.) Es ist überhaupt kein Thema, dass größere Sensoren bei gleicher Auflösung im Prinzip einen Rauschvorteil haben, schlicht weil die Photodioden größer gebaut werden können. Eine Vergleichbarkeit ist trotzdem nicht gegeben, da Sensoren unterschiedlicher Größe unterschiedliche Technologien verwenden. Zusätzlich verwenden unterschiedliche Hersteller unterschiedliche Technologien. Ein mFT-Sensor der neuesten Generation ist rauschärmer als ein Kleinbildsensor der ersten Generation.

2.) Die höhere "Gesamtlichtstärke" bei einem Kleinbildsystem ist untauglich, um damit irgendein Rauschthema zu "beweisen". Dieser Begriff wird entweder mangels Verständnis nachgeplappert oder er dient dazu, den Diskussionsgegner zu verwirren. Hier werden zwei Dinge in Relation gesetzt, die miteinander nichts zu tun haben. "Weil ich meinen Strom bei RWE beziehe braucht meine Tiefkühltruhe mehr Strom als mein Kühlschrank." Keine der Aussagen ist falsch - aber sie haben nichts miteinander zu tun. Der Bezug ist falsch."

Weblinks

Allgemein zu lichtstarken Objektiven

Firmenbezogene Links

Sonstiges

Bildergalerien

Interne Galerie

Bokeh des Rodenstock TV-Heliogon 1:0,75/50 mm (Offenblende), EOS 300D, Vollbild, nicht verkleinert - mit freundlicher Genehmigung von Carsten Debbe
Bokeh und mehr des Porst MC 1:1,8/135 mm an einer Canon EOS 5D MkII - mit freundlicher Genehmigung von Henry Feddersen
Bokeh und mehr des Porst Color-Reflex 1:1,2/55 mm an einer Canon EOS 5D MkII - mit freundlicher Genehmigung von Henry Feddersen
Bokeh des Minolta MD Rokkor 1:1,2/50 mm bei Offenblende an einer Canon EOS 5D MkII - mit freundlicher Genehmigung von Ralph Schoberth

Im Internet

Fußnoten

[1] Passend zur Erwähnung Erich Salomons in diesem Artikel gibt es ein Buch: ISBN 3-89190-871-7, Erich Salomon: Lichtstärke - Ermanox-Aufnahmen 1928 bis 1932, © 1988 by Berlinische Galerie/Bildarchiv Stiftung Preußischer Kulturbesitz, verlegt bei Franz Greno.

[2] Bei den Einstellscheiben der heutigen - modernen - DSLR-Kameras ist dies korrekt, diese sind aber nur bedingt für die manuelle Fokussierung geeignet, da sie (wie es der Kollege Henry Feddersen so treffend dargestellt hat) "nur als Leinwand zur Betrachtung des zu erwartenden Bildes" geeignet sind. Bei speziellen - nur für die manuelle Fokussierung gefertigten - Einstellscheiben sind andere Faktoren für eine korrekte (manuelle) Entfernungseinstellung wesentlich ausschlaggebender als die Lichtstärke eines Objektives:

Hierzu ein paar Zitate aus einem Mailverkehr mit dem Kollegen Henry Feddersen:

"Zum Beispiel sind die Canon Originalscheiben nicht darauf ausgelegt, mit hochlichtstarken Objektiven schneller f2.8 zusammen zu arbeiten. Mit der Normalscheibe ergeben sich erhebliche Fokusdifferenzen, die in mehreren Blindversuchen - mit vielen Probanden - verifizieren konnte. Deshalb immer der Rat für die speziell angepassten Scheiben. Diese Fokusdifferenzen sind erheblicher, je "schneller" ein Objektiv arbeitet."
"Insofern ist es irreführend, von einem Vorteil der besseren Fokussierbarkeit durch eine knappe Schärfentiefe zu sprechen, weil diese im Sucher, wie erklärt, zumeist gar nicht zum Tragen kommt, sondern eher schwerer zu finden ist mit den normalen Scheiben. Es führt per Se nicht zum Einrasten der Schärfe bei einer höheren Lichtstärke, sondern der heller werdende Sucher ist dem ab einer bestimmten Lichtstärke im Wege und es müssen entsprechende Einstellscheiben für lichtstarke Objektive her, die durch ihre stärke Mattierung, die sich aus den anders eingebrachten Fresnels ein dunkleres Standardsucherbild ergeben, zum Einsatz kommen. Im theoretischen Ideal könnte man, wenn man der Argumentation folgt, eigentlich mit einer Klarglasscheibe die besten Ergebnisse erzielen, was man sicherlich auch aus eigener Erfahrung verneinen wird."

Zur Canon New F-1 gab es - seinerzeit war die AF-Technologie noch nicht für die Spiegelreflexkameras verfügbar - eine Vielzahl von speziellen Einstellscheiben für unterschiedlich lichtstarke Objektive.

[3] Ist Lichtstärke durch nichts zu ersetzen? Doch, durch Schärfe. In der Reprofotografie wurden bislang bewusst eher Objektive mit geringerer Lichtstärke aber ausgezeichneter Schärfe eingesetzt. Das ändert sich mittlerweile mit zunehmender optischer Abbildungs-Qualität lichtstarker Objektive. In der normalen Fotografie wählen aber trotzdem manche Fotografen oder Foto-Enthusiasten bewußt für einige Brennweiten eher eine Lichtstärke von 1:3.5 bis 1:4 selbst innerhalb des Brennweitenbereichs, wo 1:2,8 schon das handelsübliche Maß ist. Grund: Im jeweiligen Einzelfall ist das bewußt ausgewählte lichtschwächere Objektiv durch seine Konstruktion einfach schärfer, oder zumindest so scharf wie ein auf 1:4 abgeblendetes 1:2.8-Objektiv gleicher Brennweite und dabei leichter ("Outdoor"-Einsatz), und bis Blende 1:4.5 läßt sich außerdem noch famos knackscharf stellen per optischem Spiegelreflex-Sucher mit Schnittbild-Fokussierhilfe, die bei kleineren Blenden oft versagt. Selbst manche Autofokus-Systeme kommen bei kleineren Lichtstärken ins Schwimmen.

[4] Die Legende der Entstehung des Carl Zeiss Super-Q-Gigantar wird u.a. hier im Beitrag von UweFlammer 30.04.2011, 15:16 erzählt:
"Das Carl Zeiss Super-Q-Gigantar hat eine besondere Geschichte. Es gibt nur ein Exemplar davon, das in den sechziger Jahren speziell für den Zeiss-Ikon-Messestand auf der Photokina 1966 hergestellt wurde. Hintergrund war der damalige Trend, Standardobjektive mit immer höheren Lichtstärken zu präsentieren. Die japanischen Objektivhersteller lieferten sich ein regelrechtes Wettrennen um das lichtstärkste Normalobjektiv, und auch Leitz (Leica) machte mit. Sieger wurde schließlich Canon mit einem 1:0,95/50 mm für die Meßsucherkamera Canon 7.
Die Zeiss-Ikon-Verkäufer ließen daraufhin eine alte, sehr große Kondensorlinse in eine Objektivfassung für die Zeiss Ikon Contarex einbauen und beschrifteten das so entstandene "Objektiv" als "Super-Q-Gigantar". Der Buchstabe "Q" steht dabei für "Quatsch". So machten sie sich auf der Messe über die Lichtriesen der Konkurrenz mit deren meist zweifelhafter Abbildungsqualität lustig. Mehr über die Geschichte steht im "Zeiss Compendium" von Charles Barringer zu lesen."